Die Werke von Ernst Barlach und Käthe Kollwitz zählen zu den Eindrucksvollsten im Kunstschaffen des 20. Jahrhunderts. Beide Künstler verstanden es in Skulpturen, Zeichnungen und Grafiken auf ergreifende Weise tief bewegende religiöse und spirituelle Themen sowie existentielle Zustände des Menschen darzustellen, die den Betrachter zu Empathie und Kontemplation anregen.
Hatte jeder Künstler seinen eigenen ästhetischen Ansatz, so einten sie sich inhaltlich in Ernst Barlachs Aussage: „Ich gebe das Wirkliche und Wahrhaftige wieder.“ Beide, Kollwitz wie auch Barlach, wurden geprägt durch den religiösen, gottgläubigen Vater bzw. Großvater. Dies führte bei den Künstlern zu jenem Drang nach unbedingter Aufrichtigkeit im eigenen Schaffen.
Die Ausstellung spürte sowohl den zahlreichen persönlichen und künstlerischen Berührungspunkten zwischen Ernst Barlach und Käthe Kollwitz nach, als auch deren Unterschieden. Obwohl sie nicht miteinander befreundet waren, gibt es unübersehbare Zeugnisse ihrer gegenseitigen Sympathie und Achtung.
Der Bildhauer, Grafiker und Schriftsteller Ernst Barlach lebte zurückgezogen in Wedel bei Hamburg, wo symbolisch aufgeladene Werke entstanden, die seiner gottsucherischen, spirituellen Haltung entsprachen. Im Zentrum steht der Mensch mit seiner Körpersprache, mit Mimik und Gebärde. Physische Bewegtheit und starke psychische Regung äußern sich in einer expressiven Darstellung.
Für die „leidenden, simplen Menschen“ empfand Barlach „ein brüderliches Gefühl.“ In der Ausstellung wurde sein Dramenzyklus „Der arme Vetter“ präsentiert. In diesem entwickelte Barlach eine Figur, die zwischen Gott und den Menschen steht und deren innerer Widerspruch nicht aufgelöst werden kann.
Die leidenschaftliche Pazifistin Käthe Kollwitz wurde von Ernst Barlachs Werk inspiriert. Käthe Kollwitz thematisiert in ihrer Kunst den benachteiligten Mensch der Gesellschaft, seien es Arme, Arbeiter oder Bauern. Als Mutter eines im Krieg verstorbenen Sohnes rief sie mit ihren Arbeiten immerfort zum friedlichen Miteinander und zu sozialer Gerechtigkeit auf. Kollwitz wollte mit ihrer humanistisch anklagenden Grundhaltung ins gesellschaftliche Leben eingreifen, wollte anprangern und aufrütteln. Christlich ikonographische Werke wie die Skulptur „Pieta“ transferierte sie auf die Ebene einer menschlichen Tragödie.
In der doppelten Werkschau – mit über 40 Skulpturen, 100 Grafiken und Zeichnungen – überzeugten die Werke beider Künstler, neben ihrer künstlerischen Vollendung, vor allem durch ihre unbeirrbare Mitmenschlichkeit.
Dies war eine Ausstellung der Ernst Barlach Museumsgesellschaft Hamburg in Zusammenarbeit mit dem Kunsthaus Kaufbeuren. Verantwortlich für die Ausstellung waren Jürgen Doppelstein, Ernst Barlach Museumsgesellschaft, und Susanne Flesche, Leiterin Kunsthaus Kaufbeuren.